Mehr Vordergrund für mehr Hintergrund

26. Januar 2021

“VORDERGRUND MACHT BILD GESUND.”

Irgendwie ein blöder Spruch, klingt eingestaubt und sperrig. Trotzdem ist er mir direkt im Gedächtnis geblieben als ich ihn das erste Mal gehört habe und war seit dem ständig im Einsatz. Deshalb gebe ich ihn direkt so an euch weiter. Neben der Drittelregel, ist dieses Gestaltungselement eine meiner Liebsten und am häufigsten angewendeten. Sie ist einfach und schnell im Geschehen umsetzbar und du bekommst direkt mehr Tiefe und Natürlichkeit in deine Bilder.

Diese Regel kommt ohne graue Theorie daher und kann sowohl mit der Kamera als auch mit der Handykamera umgesetzt werden. Vor allem in der Landschaftsfotografie ist diese Regel beliebt. Ich wende es aber auch oft, vor allem bei Detailaufnahmen, an.

Und so geht’s

Du platzierst ein Objekt im Vordergrund deines Bildes. Dein Hauptmotiv ist räumlich weiter hinten angesiedelt. Durch den gezielt platzierten Vordergrund wird Weite und Tiefe vermittelt.

Es gibt zwei Varianten:
Entweder ist das Objekt im Vordergrund Teil des Bildes und “erzählt die Geschichte” des Bildes mit.
Oder dein Objekt im Vordergrund wird eher angeschnitten, ist unscharf und leitet zu deinem Hauptmotiv hin. Es wirkt dann eher wie ein Rahmen.

Ich platziere ein Objekt wie beispielsweise eine Wand, einen Türrahmen oder einen Baum unscharf im Vordergrund und setze den Fokus bewusst auf etwas dahinter. Spielsachen eignen sich auch oft als Vordergrund, wenn man die richtige Perspektive wählt.

Hier sieht man eine Szene als eine Aufnahme mit Vordergrund und einmal ohne Vordergrund. Die Beobachterperspektive wird mit dem angeschnittenen Holzbalken im Vordergrund deutlicher.

Wenn du darauf achtest kann man fast in jeder Situation einen Vordergrund finden. Perspektivwechsel ist hier der Schlüssel. Konzentriere dich nicht nur auf dein Hauptmotiv, sondern auf dessen Umgebung und bewege dich aus verschiedenen Perspektiven darum herum.Meistens bediene ich mich der Vordergründe, die die Szene biete und positioniere mich passend dahinter. Im Zweifel halte ich aber auch mal etwas vor die Linse. Da muss die Perspektive natürlich passen, damit es noch natürlich wirkt. Beispielsweise Blumen und Gräser, wenn das Kind auf der Wiese sitzt und man eher von unten fotografiert.
Spielen, auchmal Vordergrund scharf stellen

Oft kommt hier auch die Drittelregel mit ins Spiel. Den Vordergrund platziere ich an einer der senkrechten Trennungslinien und das Hauptmotiv an der anderen. Das Bild wirkt so natürlicher und authentischer. Man hat das Gefühl wirklich der Beobachter im Hintergrund zu sein. Gerade wenn man Kinder im konzentrierten Spiel fotografiert oder einer Person “über die Schulter fotografiert” hat das einen besonderen Charme.

Bei dem Bildbeispiel habe ich die Drittelregel mit der Vordergrundsmethode kombiniert. Das Baby ist im Fokus der Szene und an einer Schnittstelle der Trennungslinien orientiert. Das Kind “dient als Vordergrund”. Der Blick “über die Schulter” vermittelt den Einblick als Beobachter und sorgt für Intimität. Der Vordergrund ist an der linken vertikalen Trennungslinie orientiert, das Hauptmotiv an der rechten.

Mehr zur Drittelregel findest du HIER.


Was passt nun alles in den Vordergrund?

Besonders schön ist es, wenn der Vordergrund die Geschichte deines Bildes mit erzählt und ergänzt. Oft sind es dann Personen, die den Vordergrund darstellen. Der Vater, der das Baby hält oder das Kind, das vor der Geburtstagstafel sitzt. Aber auch der Kuchen vor dem Geburtstagskind erzählt die Geschichte mit:

Aber auch Aufnahmen, bei denen eher unbeteiligte Dinge den Vordergrund darstellen haben ihren Charme und bilden einen schönen Rahmen. Du fotografierst um eine Ecke herum und nimmst noch ein Stück Wand mit oder durch die Zimmertür und nimmst noch etwas Tür/Rahmen mit aufs Bild. Vorhänge und Decken sind auch ein dankbarer Vordergrund. Draußen bieten sich meist Bäume, Sträucher, Gräser, parkende Autos oder Gebäude an.

Bei Babys eignet sich diese Methode besonders um ihre Winzigkeit zu verdeutlichen und eine innige Szene mit der Familie zu schaffen.

Fokus, Fokus!

Achtung! Wenn du nicht manuell fotografierst sondern im Automatikmodus, musst du etwas aufpassen. Vor allem der Autofokus kann dir da einen Strich durch die Rechnung machen. Er stellt eher Objekte im Vordergrund scharf und dein Hauptmotiv versinkt unscharf im Hintergrund.  Manuell den Fokus zu setzen ist also sicherer. Bei vielen Handykameras kann man das ja bereits mit einem Tippen auf die Stelle des Displays machen, die man fokussieren möchte.Generell ist es bei dieser Regel schön offenblendig, das heißt mit einer kleinen Blendenzahl, zu fotografieren. Dadurch wird das Hauptmotiv noch stärker herausgestellt. Der Vordergrund und der Hintergrund verschwimmen dann. Umso wichtiger ist es aber, dass der Fokus sitzt.

Je nach Vordergrund lohnt es sich auch ein Bild mit dem Vordergrund im Fokus zu machen. Das sorgt für eine schöne Bildserie:

Auch hier wurde zwischen Vordergrund und Hintergrund im Fokus gewechselt. So entstehen Detailaufnahmen “mit Geschichte”.

Es gibt noch eine Erweiterung der Regel:

„Vordergrund macht Bild gesund, Mittelgrund tut Absicht kund, Hintergrund nicht kunterbunt“

Vor allem der Teil mit dem Hintergrund ist ein weiterer entscheidender Punkt für tolle Fotos. Dazu aber bald an einer anderen Stelle mehr.